Stahlmarkt Consult Blog

In meinem Stahlmarkt-Blog befasse ich mich mit Neuigkeiten aus der Stahlmarkt-Welt und analysiere Trends und Marktentwicklungen.

Flachstahl: Sinkende Rohstoffpreise verringern Chancen für Preiserhöhungen

Der europäische Stahlmarkt war im August überwiegend von der für diesen Monat typischen sommerlichen Ruhe geprägt. Schlagzeilen machte vor allem das Hin und Her über die mögliche Schließung des Stahlwerkes in Taranto der italienischen Unternehmensgruppe Riva. Manch ein Marktakteur könnte sich heimlich der Hoffnung hingegeben haben, die notwendigen Angebotsrücknahmen könnten durch die von der Justiz verordnete Stilllegung eines der größten europäischen Stahlwerke mit entsprechenden Folgen auch für nachgelagerte Produktionsstufen beschleunigt werden. Nun sieht es aber eher so aus, dass sich die Parteien gütlich einigen.

Im Hinblick auf die weitere Marktentwicklung in diesem Jahr richten sich alle Augen auf die Geschäftsentwicklung im September. Nach der seit April schleppenden Marktentwicklung hoffen die Stahlhersteller auf eine wenigstens schwache Nachfragebelebung nach der Sommerpause, in deren Folge moderate Preiserhöhungen durchgesetzt werden könnten.

Im Flachstahlbereich dürfte diese Hoffnung durch den rasanten Verfall der Spotmarktpreise für Eisenerz und Kokskohle in den vergangenen Wochen einen Dämpfer erhalten haben. Nach Angaben des Informationsdienstes Platts liegt der Benchmarkpreis für Feinerz mit 62% Fe-Gehalt Ende August nur noch bei ca. 90,- $/dmt cfr Nordchina. Noch in der zweiten Juliwoche lagen die Preise bei 135,- $/dmt, vor einem Jahr bei ca. 175,- $/dmt. Damit hat sich der Spotmarktpreis gegenüber dem Vorjahr fast halbiert. Zudem wurde die Marke von 120,- $/dmt deutlich unterschritten, die bisher von Analysten auf-grund des Grenzkostenniveaus vieler Anbieter als Untergrenze angesehen wurde. Ähnlich sieht es bei Kokskohle aus. Für hochwertige Kokskohle werden Preise von nur noch wenig über 160,- $/t fob Australien genannt, verglichen mit ca. 310,- $/t vor einem Jahr und noch über 220,- $/t im Juni.

Dieser eindeutig negative Trend auf der Rohstoffseite verheißt für die auf der Hochofenroute hergestellten Flachstahlerzeugnisse wenig Gutes. Stahlpreise sind zwar keine eindeutige Funktion der Rohstoffpreise, zumal die Spotmarktpreise für Rohstoffe aufgrund der herrschenden Vertrags- und Logistikstrukturen nicht 1:1 in Herstellungskosten für Stahl übersetzt werden können. Starke Bewegungen auf der Rohstoffseite können aber herrschende Stimmungen sehr schnell verstärken, wie sich in den Phasen schnell steigender Preise der vergangenen Jahre immer wieder gezeigt hat. Verkürzte Vertragslauf-zeiten bei der Rohstoffbeschaffung unterstützen diesen Effekt. Starke positive Impulse, die den von der Rohstoffseite gesendeten negativen Signalen entgegen wirken könnten, sind derzeit nicht in Sicht. Die Chancen der Flachstahlhersteller, nach der Sommerpause höhere Preise durchsetzen zu können, sind somit deutlich gesunken.

Etwas anders sieht es bei den im Elektroofen hergestellten Langprodukten aus. Hierfür sind auf der Rohstoffseite die Schrottpreise ausschlaggebend, und diese sind im August wieder angestiegen. Die am Markt vorhandenen Preiserhöhungspläne erhalten in diesem Segment Rückenwind von der Rohstoffseite. Allerdings muss sich auch bei den Langprodukten noch zeigen, ob die Nachfrageimpulse nach der Sommerpause stark genug sind, um höhere Preise dauerhaft zu etablieren.

© StahlmarktConsult Andreas Schneider. Nachdruck und Verwendung mit Quellenangabe ist erlaubt.

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