Stahlmarkt Consult Blog

In meinem Stahlmarkt-Blog befasse ich mich mit Neuigkeiten aus der Stahlmarkt-Welt und analysiere Trends und Marktentwicklungen.

Sieben Thesen zur Stahlmarktentwicklung 2016

Mit dem herannahenden Jahreswechsel ist wieder die Zeit für einen Ausblick auf die Stahlmarktentwicklung im nächsten Jahr gekommen. Der heutige Blogbeitrag befasst sich mit möglichen und wahrscheinlichen Entwicklungen am Stahlmarkt, wohlwissend, dass es doch ganz anders kommen kann. Vieles spricht dafür, dass das Jahr für Stahleinkäufer erneut deutlich entspannter wird als für Stahlanbieter. Allerdings sollte sich die starke Abwärtsdynamik des zweiten Halbjahres 2015 nicht fortsetzen.

 

  1. Die Lage am Weltmarkt wird sich nicht grundlegend ändern. Harter Wettbewerb bleibt prägend.
    Am Welt-Stahlmarkt wird die Grundkonstellation aus schwacher Nachfrage, hohen Überkapazitäten und daraus resultierend hartem Wettbewerb bestimmend bleiben. Der Weltstahlverband worldsteel sagt für das kommende Jahr ein Wachstum des globalen Stahlverbrauchs um 0,7% voraus. Diese Zahl könnte sogar noch zu hoch angesetzt zu sein. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Stahlbedarf in China 2016 zum dritten Mal in Folge spürbar sinken wird. Dagegen wird sich nach neuen Schätzungen der OECD der Kapazitätsaufbau vor allem im Asien fortsetzen. Zudem wird die technologische Schere zwischen den Anbietern weiter kleiner: Immer mehr Hersteller aus unterschiedlichen Ländern sind in der Lage, die von den Kunden gewünschten Qualitäten zu liefern.

  2. Der 2015 weltweit zu beobachtende Preisverfall wird sich nicht ungebremst fortsetzen. Wahrscheinlicher ist eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau.
    Zum einen hat sich die Profitabilität in der Stahlindustrie in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert. Zunehmend sind auch Hersteller mit wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen in die roten Zahlen gerutscht. Dies macht weitere starke Preisreduzierungen unwahrscheinlich. Zum zweiten dürften die Preise der für die Stahlerzeugung relevanten Rohstoffe bald ihren zyklischen Tiefpunkt erreichen. Die Rohstoffkosten dürften im Jahresmittel 2016 zwar niedriger liegen als in diesem Jahr; vom aktuell erreichten Niveau ist aber ein weiterer deutlicher Rückgang für die Summe der Rohstoffe wenig wahrscheinlich.

  3. Der Eisenerzpreis steht vor einer Stabilisierung, bleibt aber ein Unsicherheitsfaktor.
    Der Referenzpreis für Eisenerz hat zuletzt die von vielen Experten angenommene Untergrenze von 40,- $/t durchbrochen. Die in den Monaten davor zu beobachtende scheinbare Stabilisierung ist damit ein wenig in Frage gestellt. Nach wie vor erwartet die Mehrheitsmeinung für 2016 ein Preisband zwischen 35,- und 50,- $/t. Für den unwahrscheinlichen, aber nicht auszuschließenden Fall, dass der Preis spürbar unter dieses Niveau sinkt, entsteht am Stahlmarkt neuer Preisdruck.

  4. Wechselkurse bleiben ein entscheidender Faktor für die Stahlpreisentwicklung in den verschiedenen Regionen. Ein schwacher Euro ist ein Unterstützungsfaktor für die Stahlpreise in der EU.
    Mit Blick auf die vergangenen zwölf Monate hat der Euro gegenüber dem US-Dollar deutlich an Wert verloren. Zwischenzeitliche Aufwertungsphasen haben aber Importe aus Drittländern angezogen. Insofern hat die Schutzfunktion eines schwachen Euro im Jahresverlauf deutlich abgenommen. Mit der Zinswende in den USA könnte sich dies wieder ändern. Allerdings ist zu beachten, dass der Euro gegenüber Währungen wie dem russischen Rubel oder dem brasilianischen Real in den vergangenen zwölf Monaten stark aufgewertet hat. Für die dortigen Hersteller bleibt der Export in den Euroraum attraktiv.

  5. Handelsbeschränkende Maßnahmen werden die regionale Preisbildung beeinflussen, aber den Preistrend alleine nicht umkehren können.
    Vor allem in den USA und in der EU werden Antidumping-Zölle in erheblicher Höhe erst 2016 wirklich zu spüren sein. Davon werden nicht nur chinesische Stahl-Hersteller betroffen sein. Im Einkauf global aufgestellte Unternehmen der Stahlverarbeitung müssen auf der Hut sein und die Entwicklung laufend beobachten. Über eine mögliche individuelle Betroffenheit hinaus sind die Wirkungen dieser Maßnahmen schwer vorherzusehen, da sich direkte und indirekte Folgen vermischen. Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, dass Zölle oder andere Beschränkungen alleine einen herrschenden Preistrend umkehren können. Zu viele Hersteller aus zu vielen Ländern stehen bereit, um entstehende Lücken zu füllen. Zudem sind vielfach schon auf regionaler Ebene Angebot und Nachfrage nicht im Gleichgewicht.

  6. Der Stahlmarkt der EU bleibt von zögerlichem Wachstum und intensivem Wettbewerb geprägt. Für die Hersteller bleibt der von steigender Konkurrenz ausgehende Anpassungsdruck groß. Dennoch wird der Preisdruck abnehmen.
    Die Stahlnachfrage in der EU hat zwar ihren tiefsten Punkt hinter sich, wird aber weiter nur zögerlich wachsen. Ein Wachstumskorridor von 1 bis 3% scheint realistisch. Einem stärkeren Wachstum stehen zu viele investitionshemmende Risikofaktoren entgegen. Zu erwarten ist, dass sich das Wachstum etwas gleichmäßiger auf die wichtigen Abnehmerbereiche verteilen wird: Die Zuwachsraten der Automobilindustrie werden schwächer, die beim Bau etwas stärker. Die Importe aus Drittländern werden nicht weiter steigen, aber auf hohem Niveau bleiben und immer wieder auch von neuen Lieferanten kommen. Gesunkene Preisdifferenzen am Weltmarkt, ein schwacher Euro und neue Anti-Dumping-Zölle sorgen aber dafür, dass der von Importen ausgehende Preisdruck nicht mehr so stark wie 2015 sein wird.

  7. Am deutschen Markt werden die Stahlpreise im Dezember 2016 höher liegen als im Dezember 2015. Das Preisniveau von Anfang 2015 wird aber nicht wieder erreicht werden.
    Das aktuelle Preisniveau ist die Folge von verschiedenen Gründen, die im zweiten Halbjahr 2015 kombiniert zu einer Abwärtsspirale geführt haben: Stark sinkende Importpreise bei ansteigenden Importmengen, rückläufige Rohstoffkosten, ausgeprägte Kaufzurückhaltung aus Furcht vor Bestandsabwertungen, zu hohe Produktion. Insbesondere der dämpfende Effekt des Lagerzyklus hat dazu geführt, dass sich die Stahl-Bestellungen weit von der Konjunkturentwicklung entfernt haben. Dieser Rückgang scheint überzeichnet. Daher ist für vor allem für das erste Halbjahr 2016 eine gewisse Gegenreaktion zu erwarten. Da auch bei den übrigen Faktoren wenigstens eine Abflachung der Dynamik wahrscheinlich ist, ergibt sich für die Stahlpreise ein begrenztes Steigerungspotenzial. Niedrige Rohstoffkosten und die Wettbewerbssituation sollten aber jeden Preisauftrieb in Grenzen halten, so dass sich für die Stahlpreise am Spotmarkt im Jahresmittel 2016 wahrscheinlich ein niedrigeres Niveau als für 2015 ergeben wird.
Stahlmarkt verlässt Abwärtsspirale, aber höhere Pr...
Harte Zeiten für EU-Stahlindustrie
 

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