Stahlmarkt Consult Blog
Rostfrei-Markt: Die Luft ist vorerst raus
Unter dem Titel „Alarmstufe Gelb am Rostfrei Markt“ hatte ich in meinem Blogbeitrag vom 16. Mai 2014 betroffenen Einkäufern geraten, diesem Marktsegment besondere Aufmerksamkeit zu schenken (siehe http://www.stahlmarktconsult.de/blog/entry/alarmstufe-gelb-am-rostfrei-markt). Gut fünf Monate später kann Entwarnung gegeben werden. Die bis zum Sommer vorhandenen Auftriebskräfte haben in den vergangenen Monaten deutlich an Kraft verloren. Dies gilt auch, aber nicht nur, für die Börsennotierungen der beiden wichtigen Legierungsmetalle Nickel und Molybdän.
An der Londoner Metallbörse (LME) bewegten sich die Nickelnotierungen zwischen Juni und August in einem Preisband von 18.000,- bis 20.000,- $/t. Mitte September setzte dann ein Kursrückgang ein, der bis Ende Oktober zu Notierungen um 15.000,- $/t führte. Damit ist ein großer Teil des zwischen Januar und Mai zu verzeichnenden Kursanstieges wieder verloren gegangen. Analysten erklären den Rückgang damit, dass chinesische Hersteller die mit einem Ausfuhrverbot belegten unraffinierten Nickelerze aus Indonesien in höherem Umfang als erwartet mit Material aus den Philippinen ersetzt haben. Ein dort ebenfalls für möglich gehaltenes Exportverbot ist zumindest kurzfristig nicht zu erwarten. Damit hat sich das von vielen Experten schon für dieses Jahr erwartete Angebotsdefizit bei Nickel nicht eingestellt.
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Die Molybdän-Notierungen sind an der LME von 29.500,- $/t Mitte August bis Ende Oktober um ca. auf 20.500,- $/t eingebrochen und stehen damit wieder auf dem Niveau vom Jahresanfang. Obwohl ein Teil der auf Dollarbasis zu verzeichnenden Rückgänge aus europäischer Sicht durch die deutliche Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar ausgeglichen wurde, bleibt unter dem Strich eine klare Negativentwicklung. Dies hat sich auch bei den Legierungszuschlägen (LZ) der austenitischen Rostfrei-Güten bemerkbar gemacht, die für November recht deutlich gesunken sind. Mit weiteren Rückgängen kann gerechnet werden.
Schon vor den prägnanten Kursrückgängen bei Nickel und Molybdän war am Rostfrei-Markt von einer Abkühlung der Geschäftsaktivitäten berichtet worden. Nach einem starken Juli sei die Geschäftstätigkeit nach der Sommerpause in vielen Fällen hinter den Erwartungen zurück geblieben. Handelsseitig wurde der Prozess der Lageraufstockung nicht weiter fortgesetzt. Die reale Nachfrage, die im ersten Halbjahr deutlich zugelegt hatte, hat sich konjunktur- und stimmungsbedingt deutlich abgeschwächt.
Die angekündigte Erhöhung der Basispreise war im dritten Quartal zwar spürbar, mündete aber nicht in einen eindeutigen Aufwärtstrend. Bei Flachprodukten in austenitischen Standard-Güten wurde über einen leichten Anstieg der Ab-Werk-Preise berichtet. Allerdings wurde aus dem Handelsbereich gemeldet, dass die Basispreise in den vergangenen Wochen unter Druck geraten sind.
Dies wird auch mit den erhöhten Lagerbeständen der Service-Center und der gestiegenen Unsicherheit bezüglich der weiteren Konjunkturentwicklung begründet. Zudem schränken die anhaltend hohen Importmengen aus Asien den Preiserhöhungsspielraum der EU-Hersteller ein. Das von der EU eröffnete Antidumpingverfahren gegen die Einfuhren von kaltgewalzten Rostfreierzeugnissen aus China und Taiwan hat die Importsituation bisher nicht stärker beeinflusst. Dies könnte sich mit einer im Jahr 2015 möglichen Verhängung von Einfuhrzöllen allerdings ändern.
Zusammen dürften diese Faktoren in den kommenden Wochen zu einer zurückhaltenden Bestelltätigkeit und zu eher sinkenden Preisen führen. Allerdings ist es durchaus möglich, dass gerade am Nickelmarkt der aktuelle Kursrückgang überzeichnet ist. Viele Analysten halten für das kommende Jahr nach wie vor steigende Notierungen für wahrscheinlich. Der Markt muss auch deshalb weiter genau beobachtet werden, da durch die Verhängung von (vorläufigen) Antidumpingzöllen die Karten am EU-Markt neu gemischt werden würden.