Der Weg über die Direktreduktion mit grünem Wasserstoff ist nicht die einzige Möglichkeit zur Dekarbonisierung der Stahlerzeugung, dominiert aber die Diskussion insbesondere in Deutschland. Die heute mit Hochöfen arbeitenden Stahlhersteller beginnen mit der Umsetzung entsprechender Konzepte. Doch Einzelheiten der im Juli freigegebenen staatlichen Mittel für ThyssenKrupp Steel und die kürzlich veröffentlichte Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung werfen Fragen auf. Wann und zu welchen Kosten grüner Wasserstoff in ausreichender Menge zur Verfügung stehen wird, ist offen. Nicht (nahezu) CO2-freier, sondern in unterschiedlichem Maße CO2-reduzierter Stahl wird die Hochlaufphase prägen.
Stahlmarkt Consult Blog
Am deutschen Spotmarkt sind Preise für Flachstahl im 1. Quartal – auch aufgrund von Sondereinflüssen - unerwartet stark gestiegen. In den vergangenen Wochen hat aber eine Kehrtwende eingesetzt. Im Mai sind die Abwärtskräfte stärker geworden, so dass in den kommenden Wochen mit weiteren Preisrückgängen gerechnet werden kann. Die Preise für baunahe Langprodukte, die schon unter dem Stand vom Jahresanfang liegen, stehen ebenso unter Druck. Die Aussichten für das zweite Halbjahr sind aus Herstellersicht bescheiden.
Mit Förderbescheiden über 1 Mrd. € an die Salzgitter AG hat in Deutschland die großflächige staatliche Unterstützung der grünen Transformation der Stahlindustrie begonnen. Vieles spricht dafür, dass die Branche in der EU in ein neues, lang andauerndes Subventions-Zeitalter eintritt. Eine aus privaten Mitteln finanzierte grüne Stahlindustrie scheint derzeit nur in Nordeuropa machbar. Ob in Deutschland jemals eine auf eigenen Füßen stehende, grüne und international wettbewerbsfähige Stahlindustrie erreicht werden kann, ist offen. Die breite öffentliche Finanzierung ist zwar aus Unternehmenssicht nachvollziehbar, aus volkswirtschaftlicher Sicht aber fragwürdig. Die Vorstellung, bisherige Stahlstandorte mit etwas Anschubfinanzierung zu Vorreitern der neuen grünen Zeit zu machen, scheint naiv. Eine ehrliche Diskussion über die Zukunftsperspektiven unter geänderten Bedingungen ist erforderlich. Dabei müssen auch die Belange der Stahlverarbeiter berücksichtigt werden, die in der Diskussion viel zu kurz kommen.